Die verlorenen Worte

Gnade

die
Hauptwort
2021
42

Ahd. gi-nâda mhd. genâde, gnâde: „Gunst, guter Wille, Freude“, auch ursprünglich „Ruhe, Frieden“, „Bequemlichkeit“, „Hilfe, Demut, Dankbarkeit“ oder „Nutzen, Schutz, Sorgfalt“; gerade im Sinne des Mhd. „das Sichniederlassen, um auszuruhen, ruhige Lage, Glück(seligkeit)“ (vgl. spätmhd. diu sunne gēt ze genāden: „die Sonne geht zu Gnaden“, „geht unter, begibt sich zur Ruhe“) als abstammend von nahe(n), neigen (Neigung), so auch als Neigung, jemanden „Wohltaten zu erweisen“, „Geneigtheit, Gewogenheit, Freundschaft ohne Unterschied des Standes“; „Gottes Hilfe, Huld, (göttliches) Erbarmen“, bezeichnet auch das „Wohlwollen“ im Umgang miteinander oder die jedem möglicherweise widerfahrende „Gunst“; „verzeihende Güte, Nachsicht, Schonung“, auf die jemand angewiesen ist; siehe auch das Gnadenreich Gottes, Hauptwort: „das gesegnete Gottesreich“ oder das Gnadenbrot, Hauptwort: „aus Barmherzigkeit, Dankbarkeit für geleistete Dienste im Alter gewährter Unterhalt“; auch im Sinne von „huldvolles Zugeneigtsein“; ferner vgl. Redewendungen wie mhd. gnāde gēt vür daʒ reht: „Gnade geht vor Recht“, sich auf Gnade und Ungnade ergeben: „sich bedingungslos ausliefern“ (15. Jh.); die Gnade haben („geruhen“) etw. zu tun (18. Jh.); zu Gnaden halten: „gnädig sein“ (18. Jh.); Gnade ergehen lassen: „Nachsicht üben“ (19. Jh.). „Der mensch dort nie zu gnaden kam, der arm leuten hie war gram.“ (Friedrich Petri (1549-1617), „Der Teutschen Weissheit“, 1604/05) „Wil des himmels pracht gar nicht gemindert sehn, er spricht: der sonnen wird ihr schein so nicht benommen das auge musz vor ihr, nicht sie zu gnaden gehn. allein dis machet nicht der augen pracht geringer“ (Friedrich Petri (1549-1617), „Der Teutschen Weissheit“, 1604/05) „Liebe, die gnädige, hegende, thätige, gnade, die liebende, schonung verübende, schweben uns vor.“ (Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832))

Zu finden in: Verlorene Worte