Die verlorenen Worte

weben

Tätigkeitswort
2024
06-13

Ahd. weban und mhd. weben, bedeutet „Fäden zu einem Gewebe verschlingen, verknüpfen, flechten“ und bezeichnet dabei insbesondere die Handwerkskunst, Fäden kreuzweise ineinander zu verschlingen, um einen größeren Stoff/Teppich/Gewebe daraus zu bilden;

bedeutet außerdem „sich hin und her bewegen, wimmeln, herumwimmeln, sich regen, durcheinanderbewegen“:

„Ich ging aber doch nicht in gerader Richtung auf das mir in dem Briefe bezeichnete Gut des Majors los, sondern ich machte mehrere Kreuz- und Querzüge, um mir das Land zu besehen. So wie mir das Bild desselben früher immer meines Freundes wegen mit Italien zusammen geflossen war, so webte es sich nun immer mehr und immer eigentümlicher als Selbstständiges und Ganzes heraus.“

(Adalbert Stifter (1805–1868), Pädagoge, Maler und Schriftsteller, aus „Brigitta“)

„Faust: O sähst du, voller Mondenschein,
zum letzten Mal auf meine Pein,
Den ich so manche Mitternacht
An diesem Pult herangewacht:
Dann über Büchern und Papier,
Trübsel’ger Freund, erschienst du mir!
Ach! könnt’ ich doch auf Bergeshöhn
In deinem lieben Lichte gehn,
Um Bergeshöhle mit Geistern schweben,
Auf Wiesen in deinem Dämmer weben,
Von allem Wissensqualm entladen,
In deinem Tau gesund mich baden!“

(Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), Dichter und Naturforscher, aus: „Faust I“ – „NACHT“)

„Geist: In Lebensfluten, im Tatensturm
Wall’ ich auf und ab,
Webe hin und her!
Geburt und Grab,
Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein glühend Leben,
So schaff’ ich am sausenden Webstuhl der Zeit
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.“

(Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), Dichter und Naturforscher, aus: „Faust I“ – „NACHT“)

„Und Gott sprach: Es errege sich das Wasser mit webenden und lebendigen Thieren, und mit Gevögel,
das auf Erden unter der Veste des Himmels fliege. Und Gott schuf große Wallfische, und allerlei Thier, das da lebet und
webet,
und vom Wasser erreget ward, ein jegliches nach seiner Art.

(aus: „Die Bibel“, 1 Mose 1:20,21, nach der deutschen Übersetzung Dr. Martin Luthers, Verlag der britischen und ausländischen Bibelgesellschaft, Berlin, 1859)

Zu finden in: Verlorene Worte