Die verlorenen Worte

Welt

die
Hauptwort
2022
22-15

VERDREHTES WORT

Feiern wir mit Ostern oder Ostara die Geburt der Welt, so kann man sich unwillkürlich fragen, was denn nun mit „der Welt“ gemeint ist. Das Wort „Welt“ gehört in unserer aktuellen Zeit sicherlich zu den am meisten verwendeten Worten. Es wird einzeln benutzt und in Wortverbindungen wie beispielsweise „Weltengeist“, „Weltgesundheitsorganisation“, „Welternährung“, „welterschütternd“, „Weltenwende“, „Weltkrieg“, „Weltanschauung“ oder „Weltmeister“, und uns wird sogar von einer „Neuen Weltordnung“ erzählt. 

Die heutige Erklärung sieht folgendermaßen aus: Welt, die, Hauptwort, mhd., „Erde, Universum, großräumige Teile der Erde mit gleichen wirtschaftlichen und historischen Merkmalen, Gesamtheit aller Menschen“. Der Ursprung des Wortes Welt entstammt jedoch dem altgermanischen Weralt, Werolt, die, Hauptwort, ahd., nhd., „Zeit, Zeitalter, Ewigkeit, Menschheit, Menschengeschlecht, lange Zeit“. Das Wort Weralt ist eine Zusammensetzung aus dem Wort Wer, Hauptwort, ahd., nhd., „Mensch, Mann“ und dem Wort Alds, die, Hauptwort, germ., got., „Menschheit, Menschenalter, Zeit“.

Nutzen wir die ursprüngliche Herleitung für das Wort Welt, so hat die Bedeutung nichts mit einer lokalen Örtlichkeit wie die Erde zu tun, sondern vielmehr mit einer Bezeichnung für das gesamte Menschengeschlecht. Mit der Christianisierung und dem Entstehen der Kirchen sind die weltlichen und die geistlichen Ideologien entstanden. Die weltlichen Menschen waren nicht der Kirche zugehörig, demnach von Gott abgewandt. Vielleicht ist damit auch die Verdrehung der ursprünglichen Bedeutung des Wortes entstanden.

Gedanklich kann man versuchen den Worten ihre wirkliche Bedeutung zu entlocken, so könnte man den „Weltengeist“ oder „Geist der Welt“ als „Geist der Ewigkeit, Menschheitsgeist, Urkraft“ verstehen, die „Weltanschauung“ als „Menschheitsanschauung oder Zeitanschauung“ und den Begriff „Weltkrieg“ als „Menschheitskrieg oder Krieg gegen die Ewigkeit“.

Eine schöne Übersetzung des Spruches „Weralt Weralti“ lautet „Ewigkeit zu Ewigkeit“. Um den Begriff Welt im Sinne von einer lokalen Größe wie Erde oder Universum zu benennen, gab es im ahd. das Wort Mittigart, Midgart, welches in diesem Rundbrief als ein verlorenes Wort erklärt wird.

 „Blick in der Sterne ruhevolles Kreisen,
wenn dich die Welt mit ihrem Tun verwirrt,
lauscht auf des Windes zauberhaftes Weisen,
wenn rings um dich die Menschheit hassend irrt,
laß dich versöhnen von des Waldes Raunen,
hol’ Frieden dir aus Bergen, Feld und Meer,
wahr allem Schönen seliges Erstaunen,
und alles Kleine schreckt dich nimmermehr!“

(Erich Limpach, 1899–1965)

 

„Wilder Geist wie Wetterwolke
über uns zusammenzieht:
Ach, wie hilft man unserm Volke,
daß ihm nicht ein Leid geschieht?
Wetterschäden zu verhüten,
gibt es ja ein Mittel jetzt:
Für des wilden Geistes wüten
gibt’s ein Mittel auch zuletzt.
Hänget an die Blitzableiter
Titel, Würden, Orden, Geld,
Und das Wetter wird gleich heiter,
und beruhiget ist diese Welt!“

(Hoffmann von Fallersleben, 1798–1874)

 

„Schön ist die Welt, sei du, o Mensch, auch schön,
Sei schön und gut, so wird's dir wohl ergehn.
Bedenke. Fernst von Worten liegen Taten,
Fern liegt der Ernte Lust vom Streun der Saaten:
Wer nicht zu handeln, nicht zu säen wagt,
Von dem wird endlich Welt und Glück verklagt!“

(Ernst Moritz Arndt, 1769–1860)

 

„Der Sieg des Lebens ist der Sinn der Welt.
Deutschland wendet heute sein Gesicht wieder der Sonne zu
und blickt hoffend in die Weite der Zukunft.
Wir wollen die Lüge für immer auslöschen und der Wahrheit zum Licht verhelfen.
Der Glanz von der Höhe soll in die Finsternis des Tales dringen,
das Licht der Erkenntnis soll in die Schatten der Nacht hineingetragen werden.
Ein ewiges Sonnwendfeuer soll in Deutschland entzündet werden!“

(Hans Schemm, 1891–1935)

Welt 1

Welt2

Zu finden in: Verlorene Worte